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Zweitveröffentlichung

Kennen Sie das? Sie haben einen Artikel in einer in Ihrem Fach hoch angesehenen Zeitschrift publizieren können, der Artikel ist aber nicht frei zugänglich, sondern hinter einer Bezahlschranke erschienen (beispielsweise weil die Zeitschrift keine Optionen für Open Access bietet oder weil Sie Open Access nicht finanzieren konnten). Und Sie denken sich: „Schade. Für diesen tollen Artikel hat es mit Open Access leider nicht geklappt!“ Diese pauschale Annahme ist jedoch falsch. Denn dass Closed Access und Open Access einen Scheideweg darstellen und nicht vereinbar sind, ist ein verbreiteter Irrtum. Die Lösung ist der sogenannte grüne Weg des Open Access – kurz: Green Open Access –, im Deutschen auch bekannt als Zweitveröffentlichung, im Englischen bekannt als Self-Archiving.

Diese Umsetzungsvariante von Open Access erlaubt es also, freien Zugang zu einer Version einer ursprünglich nicht frei zugänglich publizierten Erstveröffentlichung herzustellen. Open Access ist damit unter bestimmten Voraussetzungen auch für Closed-Access-Publikationen möglich. Etabliert hat sich diese Möglichkeit insbesondere für Zeitschriftenartikel, aber auch bei Büchern (vor allem Einzelbeiträgen in Büchern) ist dies mitunter möglich. Die Publikationen werden in der Regel über sogenannte Repositorien, also Dokumentenserver mit dem Zweck der Bereitstellung von wissenschaftlichen Publikationen, zugänglich gemacht. Die meisten wissenschaftlichen Einrichtungen betreiben solche Repositorien für ihre Angehörigen, aber es gibt auch disziplinäre Repositorien, die Wissenschaftler*innen einer bestimmten Fachrichtung zur Verfügung stehen. Es fallen dabei für Autor:innen nie Kosten an.

Nachfolgend erläutern wir, auf welchen Grundlagen eine Zweitveröffentlichung vorgenommen werden darf und was Sie dabei beachten müssen. Zudem finden Sie fünf Tipps, damit Zweitveröffentlichungen in Zukunft einfach von der Hand gehen.

Zweitveröffentlichen – aber auf welcher Grundlage?

Grundsätzlich ist ein*e Autor*in einer Publikation auch Urheber*in und hält damit sämtliche Rechte an der Publikation. Wird die Publikation über einen Verlag oder anderen Publikationsdienst veröffentlicht, überträgt der/die Autor:in diesem zum Zweck der Veröffentlichung sogenannte Nutzungsrechte. Hinsichtlich der Zweitveröffentlichung einer Publikation ist zuallererst relevant, ob diese Nutzungsrechte in einfacher (nicht-exklusiver) oder ausschließlicher (exklusiver) Weise eingeräumt wurden. Wurden lediglich einfache Nutzungsrechte übertragen, ist eine Zweitveröffentlichung grundsätzlich möglich.

Wurden jedoch ausschließliche und damit exklusive Nutzungsrechte übertragen – was bei Closed-Access-Publikationen immer noch der Regelfall ist –, ist eine Zweitveröffentlichung nicht grundsätzlich möglich. In diesem Fall kommen aber gewisse Bestimmungen und Rechtsgrundlagen für eine Zweitveröffentlichung infrage, die in die folgenden drei Kategorien eingeteilt werden können.

Wurden ausschließliche Nutzungsrechte übertragen, erfolgte dies zumeist in einem Veröffentlichungsvertrag. Darin kann Autor:innen zugleich eine explizite Erlaubnis für eine Zweitveröffentlichung gewährt worden sein. Ist dies der Fall, können Autor*innen diese entsprechend anwenden.

Zudem bestehen oft verlagsseitige Richtlinien für Zweitveröffentlichungen, in denen die Verlage die Voraussetzungen und Bedingungen dafür festlegen. Insbesondere bei Zeitschriften sind solche Richtlinien gängig. Diese Richtlinien verwenden oft den Begriff Selbstarchivierung (englisch: self-archiving) und sind auch unter Bezeichnungen wie Repository Policy, Reuse Policy und Sharing Policy oder als Teil der Veröffentlichungshinweise für Autor*innen zu finden. Ein wertvolles Hilfsmittel ist die Datenbank Sherpa Romeo, die die Richtlinien vieler Verlage und Zeitschriften sammelt, zusammenfasst und mit den Verlagswebseiten verlinkt (wo sie sicherheitshalber nochmals auf Übereinstimmung überprüft werden sollten).

Besteht für eine Zweitveröffentlichung weder eine Erlaubnis im Veröffentlichungsvertrag noch eine Richtlinie, kann eine Anfrage an den Verlag gestellt werden. Solche Anfragen sind durchaus erfolgversprechend, da betreffende Verlage individuelle Genehmigungen für eine Zweitveröffentlichung durchaus pragmatisch erteilen. Mitunter stellen Verlage dabei zugleich den Volltext bereit.

Wissenschaftliche Einrichtungen oder deren Bibliotheken schließen meist mit einigen Verlagen umfangreiche Vereinbarungen für den Zugang zu deren Publikationen oder für besondere Konditionen des Open-Access-Publizierens ab. Mitunter umfassen diese Vereinbarungen auch Regelungen zu Zweitveröffentlichungen, die den Angehörigen der Einrichtung besondere Konditionen beim Zweitveröffentlichen gewähren, beispielsweise verbesserte Bedingungen hinsichtlich der verwendbaren Publikationsversion oder des Embargos (siehe hierzu die weiter unten folgenden Erläuterungen). Die Vereinbarungen können sogar vorsehen, dass die Einrichtung eine Zweitveröffentlichung stellvertretend für Autor*innen vornehmen darf. Zu solchen Vereinbarungen fragen Sie einfach bei der Bibliothek Ihrer Einrichtung nach.

Das deutsche Urheberrechtsgesetz (UrhG) sieht im Wesentlichen zwei Regelungen vor, mit denen Autor*innen ihre Publikationen unter bestimmten Voraussetzungen und mit bestimmten Bedingungen zweitveröffentlichen dürfen.

Insofern mit einem Verlag keine anderen, dem entgegenstehende Vereinbarungen getroffen wurden (in der Regel in einem Veröffentlichungsvertrag, siehe oben), dürfen Autor*innen ihre Veröffentlichungen, die in „periodisch erscheinenden Sammlungen“ (i. d. R. Zeitschriften) publiziert wurden, nach einem Jahr anderweitig vervielfältigen, verbreiten und öffentlich zugänglich zu machen (UrhG, § 38 Absatz 1).

Zudem gibt es das sogenannte Zweitveröffentlichungsrecht, mit dem es seit dem 1. Januar 2014 Autor*innen erlaubt ist, unter bestimmten Bedingungen wissenschaftliche Beiträge nach Ablauf von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung öffentlich zugänglich zu machen (UrhG, § 38 Absatz 4). Entscheidend ist, dass es auch angewendet werden kann, wenn für die Erstveröffentlichung ein ausschließliches Nutzungsrecht übertragen wurde – dieses ist für den Zweck der Zweitveröffentlichung dann unwirksam. Allerdings definiert das Gesetz konkrete Bedingungen:

  1. Die öffentliche Zugänglichmachung darf nicht einem gewerblichen Zweck dienen.
  2. Der Beitrag muss im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln geförderten Forschungstätigkeit entstanden sein.
  3. Der Beitrag muss in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen sein. Der Beitrag darf frühestens zwölf Monate nach dem Erscheinen der Erstveröffentlichung öffentlich zugänglich gemacht werden (bezieht sich auf den Volltext).
  4. Es darf nur die akzeptierte Manuskriptversion des Beitrags zugänglich gemacht werden.
  5. Die Angaben zur Erscheinung der Erstveröffentlichung müssen genannt werden.

Zweitveröffentlichen – unter welchen Bedingungen?

Kann eine Zweitveröffentlichung nur auf Grundlage einer der oben genannten Bestimmungen und Rechtsgrundlagen erfolgen, müssen in der Regel bestimmte Bedingungen beachtet werden. Wiederkehrend zu finden sind dabei die folgenden fünf Bedingungen.

Die für die Zweitveröffentlichung zu verwendende Version der Publikation wird festgelegt. Unterschieden werden das ursprünglich eingereichte Manuskript (Preprint), das zur Publikation akzeptierte Manuskript (Postprint) sowie die letztendlich veröffentlichte und in der Regel mit finalem Satz und finaler Gestaltung versehene Fassung (Version of Record). Die Unterscheidung ist besonders wichtig, weil die weiteren Bedingungen oft entsprechend der Version, die zweitveröffentlicht werden soll, definiert sind und mitunter je nach Version deutlich abweichen.

Ein zeitlicher Verzug zwischen Erstveröffentlichung und der Zweitveröffentlichung (Zugang zum Volltext) wird festgelegt.

Ein Verweis auf die Erstveröffentlichung wird eingefordert. Es sollten übliche Literaturangaben gemacht werden, einige Verlage geben auch Formulierungen vor.

Die Zweitveröffentlichung unter einer bestimmten Lizenz wird erlaubt oder ist verpflichtend. Üblich sind in diesem Fall die Creative-Commons-Lizenzen.

Der Ort für die Zweitveröffentlichung wird festgelegt oder eingeschränkt. Übliche hier unterschiedene Publikationsorte sind die persönliche Webseite, ein kommerzielles Repositorium, ein nicht-kommerzielles oder institutionelles Repositorium. Auch die Veröffentlichung über soziale Netzwerke für Akademiker*innen (wie ResearchGate oder Academia.edu) kann geregelt sein, jedoch ist dies oft explizit ausgeschlossen.

Zu beachtende Rechtsgrundlagen und Bedingungen für eine Zweitveröffentlichung, wenn ausschließliche Nutzungsrechte übertragen wurden

Zu beachtende Rechtsgrundlagen und Bedingungen für eine Zweitveröffentlichung, wenn ausschließliche Nutzungsrechte übertragen wurden

Machen Sie es sich einfach! – 5 Tipps für das Zweitveröffentlichen

  1. Übertragen Sie nach Möglichkeit nur einfache (also nicht-exklusive) Nutzungsrechte an Verlage und andere Publikationsdienste, aber keine ausschließlichen (also exklusiven) Nutzungsrechte. So sichern Sie sich die Möglichkeit für eine Zweitveröffentlichung, ohne überhaupt prüfen zu müssen, ob eine Zweitveröffentlichung erlaubt ist.
  2. Legen Sie Veröffentlichungsverträge und die Manuskripte (samt verschiedener Versionen) immer ordentlich und dokumentiert auf Ihrem Computer ab, sodass Sie bei einer Zweitveröffentlichung nicht lange nach Informationen und dem Volltext suchen müssen.
  3. Veröffentlichen Sie Ihre Publikationen schon vor der finalen Veröffentlichung (in einer Zeitschrift oder in einem Sammelband) als Preprints, zum Beispiel auf einem dediziert dafür existierenden Preprint-Server. (Prüfen Sie aber zuvor, ob die gewählte Zeitschrift dies nicht als Auschlusskriterium für eine Annahme der Publikation vorsieht.)
  4. Machen Sie das Veröffentlichen von Preprints oder einer nachträglichen Zweitveröffentlichung zum Teil des Schreib-, Einreichungs- und Publikationsprozesses. Sie reichen einen Artikel in einer Zeitschrift ein? Nehmen Sie sich direkt die überschaubare Zeit, Ihr Manuskript auch als Preprint zu veröffentlichen! Ihr Artikel wurde für eine Zeitschrift oder einen Sammelband zur Publikation akzeptiert? Erledigen Sie doch gleich die Zweitveröffentlichung auf einem Repositorium!
  5. Fragen Sie die Bibliothek an Ihrer Einrichtung um Unterstützung und Hilfe bei der Zweitveröffentlichung. Oft gibt es dafür Beratungsangebote und teils übernimmt sogar die Bibliothek die Arbeit.

Ein geeignetes Repositorium für die Zweitveröffentlichung wählen

Als Angehörige:r der Freie Universität Berlin, der Humboldt-Universität zu Berlin, der Technischen Universität Berlin oder der Charité – Universitätsmedizin Berlin nutzen Sie bevorzugt das jeweilige Repositorium der Einrichtung. Weitere Erläuterungen finden Sie in unserem Artikel zur Auswahl eines geeigneten Repositoriums.

Zum Thema Zweitveröffentlichung und Ihren Publikationsoptionen beraten wir Sie gerne!

Die Inhalte dieser Seite basieren auf der Publikation Open Access und wissenschaftliches Publizieren: Train-the-Trainer-Konzept (Kapitel Publikationswege).

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